1931

 Den Antrag der Gemeinde Lütgeneder auf Änderung der Gemeindegrenzen, dem sich inzwischen auch noch die Gemeinde Rösebeck angeschlossen hatte, hat der Herr Landrat von Warburg vorläufig dahin beschieden, daß mit Rücksicht auf die damit verbundenen Schwierigkeiten, im besondern finanzieller Natur, und die den Gemeinden entstehenden Kosten diese Anträge in absehbarer Zeit keine Erledigung finden können. Der allgemeine Niedergang der wirtschaftlichen Verhältnisse, hervogerufen durch die große Arbeitslosigkeit in der Industrie, machte sich in diesem Jahre auch hier bemerkbar. Wenn auch die Preise für Brotgetreide infolge einer sehr mäßigen Ernte sich mit etwa 9 RM für den Ztr. Roggen etwas höher gestalteten wie im Vorjahr, so sanken doch die Preise für Vieh auf die Hälfte herab. Für Rinder und Kühe wurden 150  -  300 RM bezahlt und für Schweine 35 - 40 RM je 100 Pfd. lebend Gewicht.

Die städtischen Wiesen, die im Jahre 1929 noch eine Einnahme von 15.000 RM aus den Grasverkäufen gebracht hatten, ergaben in diesem Jahre nur noch 6.000 RM. Letzteres ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß die Heeresverwaltung in Kassel und Hofgeismar, die früher das Heu von den hiesigen Wiesen ankaufte, wegen der Verminderung des Heeres nur noch geringen Bedarf hat, den sie fast ganz aus den näher gelegenen Ortschaften des Hessenlandes decken kann.

Bemerkenswerte Ereignisse sind nicht vorgekommen .

1932

Ein schwerer Schlag hat die Stadt in diesem Jahre betroffen, indem durch Verordnung des Preuß. Staatsministeriums vom 30. 7. 1932 neben 59 anderen Amtsgerichten auch das Amtsgericht Borgentreich am 1. Oktober aufgehoben wurde. Dadurch ist die seit dem 16. Jahrhundert hier bestehende Gerichtsbarkeit mit einem Schlage verschwunden, trotzdem die Stadt in vielen Eingaben und Protesten an alle maßgebenden Stellen sich dagegen gewandt und die Erhaltung dieser Behörde angestrebt hat.

Am 22. Januar d. Js. brannte das Wohnhaus des Landwirts Friedrich Ernst Speckestraße 12, ab. Als Brandursache wurde durch einen Beamten der Landeskriminalpolizeistelle Bielefeld der schadhafte Schornstein ermittelt. Da der Hausplatz zu beshränkt war, hat ihn Ernst an den Nachbar verkauft und sich außerhalb auf seinem Grundstück an der Eißenerstraße angebaut.

Im Herbst d. Js. fanden hier die Herbstmanöver der 6. Division statt und war aus diesem Anlaß unsere Stadt in der Zeit vom 30. August bis 13. September stark mit Truppen belegt.

Am 1. Dezember d. Js. wurde der Polizeiwachtmeister August Fögen, der 1927 als Kriegsbeschädigter von der Stadt angestellt war, wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. An seine Stelle trat zunächst auf Probe der Pol. Oberwachtmeister der staatlichen Schutzpoliziei Dortmund Anton Huneke aus Altenbergen Kreis Höxter. Die Ernte in Getreide und Feldfrüchten war in diesem Jahre als gut zu bezeichnen. Die Getreidepreise, die zu Anfang der Ernte befriedigend waren, fielen im Winter sehr ab. Besonders schlecht gestalteten sich die Viehpreise. Für Milchkühe mit Kalb wurden 150 - 250 RM gezahlt, für Schlachtschweine 30 - 40 RM für Schlachtrinder 20 - 25 RM je 100 Pfd. Lebendgewicht. Auch wurde für Milch bei der Molkerei nur sehr wenig Geld erzielt.

1933

Das Jahr 1933 stand politisch im Zeichen der nationalen Erhebung.

Am 30. Januar berief der Herr Reichspräsident Generalfeldmarschall von Hindenburg den Führer der nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei, Hitler, zum Reichskanzler des deutschen Reiches. Bei der dann am 5. März stattgefundenen Reichstagswahl erhielt die bisher stärkste Partei, die NSDAP die absolute Mehrheit im Reichstage. Damit war der alte Parteienstaat gefallen und an seine Stelle trat der Führerstaat, das dritte Reich.

Nachdem auch bei den Kommunalwahlen am 12. März die kommunalen Körperschaften fast überall eine nationalsozialistische Mehrheit erhielten, wurde das Führerprinzip der NSDAP auch bei den Gemeindeverwaltungen durchgeführt .

In Staat und Gemeinden ist nunmehr der ernannte Führer entscheidend und verantwortlich; die gewählten Körperschaften haben nur noch beratenden Charakter.

Alle bisher bestehenden politischen Parteien wurden aufgelöst außer der NSDAP, die nun als alleinige Vertreterin des Deutschen Volkes auftritt .

Die Deutsche Einigkeit, die vom Herrn Reichspräsidenten schon immer angestrebt wurde, ist nun endlich hergestellt und das ganze bisherige Parteiengezänk geschwunden.  --

Am 1. März wurde der im vorigen Jahre, auf Probe angestellte Polizeiwachtmeister Huneke endgültig als Polizeihauptwachtmeister von der Stadt angestellt.

Am 27. April weilte der Hw; Herr Erzbischof Dr. Kaspar Klein von Paderborn zur Firmung in unserer Stadt .

Am 26. Mai waren der Bürgermeister Kukuk und Stadtverordneter Geilhorn é beim Herrn Oberpräsidenten Frhr. v. Lünink in Münster, Um die Wiedereinrichtung des Amtsgerichts in Borgentreich zu erreichen, bezw. den Herrn Oberpräsidenten um seine Fürsprache zu bitten. Diese ist denn auch bereitwilligst zugesagt. Dennoch scheint sich die Stadt mit dem Verlust dieser Behörde abfinden zu müssen.

Für den am 1. April in den Ruhestand versetzten Rektor Spieker an der hiesigen Volksschule ist der Hauptlehrer Josef Hillebrand aus Verlar seit dem 16. April mit der Leitung der Volksschule beauftragt und hier angestellt.

Bürgermeister Kukuk hat am 2. September d. Js . auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums seine Versetzung in den Ruhestand und seine vorläufige Beurlaubung beantragt, um der Stadt die Möglichkeit zu geben, ihre Verwaltung zu vereinfachen und zu verbilligen, wie das von der heutigen Regierung besonders für kleine Städte angestebt wird.

Die Beurlaubung ist durch die Aufsichtsbehörde erfolgt. Durch Verfügung des Herrn Ministers des Innern vom 3. November ist dann die Versetzung in den Ruhestand ausgesprochen.

Mit der vorläufigen Stellvertretung wurde der Bürgermeister des Amtes Borgholz Graf von Plettenberg durch die Aufsichtsbehörde beauftragt. Die Ernte war in diesem Jahre, besonders bei Roggen, gut. Die Getreidepreise wurden in befriedigender Höhe von der Regierung festgesetzt. Auch die Viehpreise gestalteten sich gegen das vorige Jahr besser.

1934

Im zweiten Jahre der nationalen Regeirung unter dem Führer Adolf Hitler War auf allen Gebieten ein wirtschaftlicher Aufstieg Deutschlands zu verzeichnen .

Am 2. August ist Reichspräsident von Hindenburg gestorben.

Bürgermeister Max Graf von Plettenberg
Bürgermeister Max Graf von Plettenberg
Bürgermeister Franz Woker
Bürgermeister Franz Woker

Am 1.9.1934 schied der Bürgermeister Graf von Plettenberg infolge Erreichung der Altersgrenze aus dem kommunalen Dienst des Amtes Borgholz u. der Stadt Borgentreich aus. Aus diiäsem Anlaß hatten sich seine engsten Mitarbeiter aus der Amts- u. der Stadtverwaltung zu einer kleinen Abschiedsfeier zusammen gefunden.

Herr Landrat Freiherr von Spiegel wies hierbei auf die großen Verdienste

hin, die er während seiner 30jährigen Dienstzeit als Arntsbürgermeister

auf den kommunalen Gebieten geleistet habe u. sprach ihm den Dank namens

der Staatsregierung aus.

Als Nachfolger wurde aus 87 Bewerbern der Diplom-Landwirt Pg. Franz Woker zum Amtsbürgermeister ernannt u. an 7 .10.34 feierlich eingeführt.

Der neue Amtsbürgermeister ist ein Sohn der Stadt Borgentreich. Sein Vater war hier bis zu seinem Tode am 9.1.1899 Hauptlehrer. Er studierte am Gymnasium in Paderborn, wo er das Abitur ablegte. Nach der Absehlußprüfung war er zunächst in der politischen Verwaltung tätig u. trat 1913 als Einj . Freiwilliger in das Heer ein.

Bei Ausbruch des Krieges rückte er als Maschinen-Gew.-Komp.-Führer mit den 158ern ins FeId. Er kämpfte an den verschiedenen Fronten, erlitt Verwundungen u. wurde mit dem E.K.I u. II Klasse sowie mit dem Kreuz der Ritter des KgI. Hausordens der Hohenzollern mit Schwertern ausgezeichnet.

Bereits 1915 wurde Woker zum Leutnant der Bes. befördert u. schied am 31.1.1919 aus dem Heeresdienst. Am 11.11.1922 erfolgte seine Beförderung zum 0berleutnant der Res.

Er war dann als Landw. Eleve auf Rothehaus tätig u. ging auf die Landw. Hochschule in Berlin, wo er die Prüfung als Diplom-Landwirt ablegte.

1922 - 1923 war er im Amt Boke-Salzkotten tätig u. ging dann als Geschäftsführer des Reichslandbundes nach Euskirchen. Hier im Rheinland war er aktiv im Abwehrkampf gegen die Ruhr-Besatzung. 1925 pachtete er dann das Gut Eiferslohn bei Paderborn u. war im Anschluß Lehrer an der Heeresfachschule Sennelager.

Die Ernte war in diesem Jahre eine sehr gute. Nach den Bestimmungen des erbhofgesetzes wurden hier 82 Erbhöfe in die Erbhöferolle eingetragen. Der Pol. Hauptwachtmeister Huneke wurde gemäß Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten ab 1. Juli nach Wiedenbrück versetzt, da der Polizeidienst von der Gendarmerie wahrgenommen wird.

Für die freiw. Feuerwehr wurde eine Motorspritze zu 3.607,- RM angeschafft.

Die Feuer-Sozietät zahlte hierzu = 1.000,- RM

Priv. Feuer Vers. Ges.                  =   925,- RM

Den Restpreis hat die Stadt übernommen.

Brände: Am 22.5.34 brannte die Feldscheune des Bauern Jos. Herbold Bogenstr. 16 infolge fahrl. Brandstiftung seines 9jähr. Sohnes nieder.

Am 9.9.34 entstand im Wohnhause des Metzgers Hermann Schulze ein Brand der auch das Nachbargebäude der Ww. Herm. Stüve übergriff u. vollständig einäscherte, während das Gebäude Schulze nur teilweise niederbrannte. Die Spar- u. Darlehnskasse hat an der Mühlenstr. ein neues Sparkassengebäude errichtet.

Eine Fläche am Eckem u. der Grundberg zus. etwa 47 Morgen sind aufgeforstet. Es sind 30.000 Stck. Tannen angepflanzt. Im Judenhagen u . bei der Kapelle wurden ebenfalls Anpflanzungen gemacht.

Becker

Stadtsekretär

1935

Nachdem bereits im Vorjahr eine Personal-Union zwischen der Stadt Borgentreich u. dem Amte Borgholz eingerichtet war, sind gemäß Verfügung des Herrn Regierungspräsidenten vom 11./9.35 die Verwaltungseinrichtungen von Stadt u. Amt in der Person des bis dahin ehrenamtlichen Stadtbürgermeisters Woker am 1.10.35 in das Rathaus der Stadt zusammengelegt worden.

Durch diese Zusammenlegung wird eine Vereinfachung u. Verbilligung der Verwaltung erzielt. Auch die Amtskasse ist im Rathause untergebracht . Bei der am 13.1.35 erfolgten Saarabstimmung bekannten sich 9/10 der Bevölkerung an der Saar zu Deutschland. Die endgültige Übergabe des befreiten Gebietes in die deutsche Verwaltung wurde am 1. März im ganzen Deutschen Reich gefeiert. Aus diesem Anlaß wurde auch in Borgentreich ein großer Fackelzug veranstaltet.

Am 16. März wurde durch den Führer die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht verkündet. Mit dieser geschichtlichen Tat ist dem deutschen Volke die Ehre u. Freiheit wiedergegeben u. wurde überall mit Jubel aufgenommen.

Die im Jahre 1934 begonnene Notstandsarbeit wurde weitergeführt.

Es wurden insgesamt ca 1.600 m neue Wege ausgebaut u. zwar der

Schirkweg

  Judenhagen

           Osthagen u. s . w.

Beim Schirkweg waren zur Erhöhung 3.200 cbm Erdbewegungen notwendig. Bei all diesen Arbeiten hat der Stadtbaumeister Alois Soethe seine ganze Kraft eingesetzt.

              Die Gesamtkosten betrugen  22.825,- RM

              Zuschuß des Arbeitsamtes    16.271,- RM

Am 13. Juli ist der 20jährige Zimmermannssohn Johannes Bartoldus, Lehmtor 12, im Schützenteich beim Baden ertrunken. Nach ärztl. Attest ist der Tod durch Herzschlag herbeigeführt.

Am 9.8. schlug der Blitz in die Scheune des Ferd. Stamm am Heidmühlenweg. Die Scheune wurde vollständig zerstört. Es verbrannten außerdem 50 Morgen Roggen, Gerste u. Weizen.

zu der Motorspritze wurde ein Mannschaftswagen zu 420, RM angeschafft.

Die Feuer-Sozietät bewilligte hierzu eine Beihilfe von 200,

Die Sammlungen ergaben:

Die Ernte war auch in diesem Jahr gut. Die Preise für Getreide u. Vieh sind geregelt. Der wirtschaftliche Aufstieg ist auch 1935 überall bemerbar.

 

Der Bürgermeister

I. A.

Becker.

Stadtsekretär

1936

Am 7. März rückte unsere junge Wehrmacht wieder in die alten Garnisonstädte des Rheinlandes ein.

Bei der am 29.3. erfolgten Abstimmung ob unser Volk den Maßnahmen des Führers Adolf Hitler zustimmen oder nicht haben 45 Millionen für gestimmt .

In unserer Stadt stimmten 1.008 Wahlberechtigte für "Ja" , 2 für "Nein" . Die Provinzialstraße nach Lütgeneder u. Borgholz wurde mit einer neuen Teerdecke versehen u. als Reichsstraße übernommen.

Am 25.10. fand die Hundertjahrfeier der Einweihung unserer Pfarrkirche statt. Im Dezember wurde dann noch die seit Jahren geplante Anlage einer Kirchenheizung fertiggestellt. Die Kosten betragen ca. 4.500. RM u. sind aus milden Gaben der Bürger aufgebracht.

Die Ernte dieses Jahres war mittelmäßig. Es sind im Wege der Umlage abgeliefert:

Roggen 762.200 kg

Weizen  470.412  "

Während der Ernte machte sich der Mangel an landw. Arbeitern sehr bemerkbar. In mittleren Betrieben wurden bereits allgemein Selbstbinder-Maschinen angeschafft.

Die Mäuseplage machte sich im Herbst zum Schaden der Saat sehr bemerkbar, so daß eine allgemeine Vertilgung der Mäuse angeordnet werden mußte .

Die im Vorjahr begonnene Aufforstung wurde fortgeführt. Es wurde eine Ödfläche am Galgenberg u. beim Turm, dort wo die Warte stand, 20 Morgen groß, mit 60.000 Fichten u. 5.000 Stck. Weißerlen aufgeforstet.

Die Einwohnerzahl der Stadt betrug nach der Personenstandsaufnahme

                                                              1. 718.

          Die Zahl der Geburten betrug  = 41

          gestorben sind                         = 13

          geheiratet haben                      =  9

Der Gesundheitszustand der Bevölkerung war gut.

 

Der Bürgermeister

I. A.

Becker

Stadtsekretär

Auch solche Ereignisse finden sich in der alten Chronik. Der damalige Chronist Franz Hartmann hat den Zeitungsbericht nachträglich eingeheftet.
Auch solche Ereignisse finden sich in der alten Chronik. Der damalige Chronist Franz Hartmann hat den Zeitungsbericht nachträglich eingeheftet.

1937

Das Wetter war im Winter 1936/37 bis Mitte Januar ziemlich gelinde. Dann trat Frost ein, der bis 20 Grad C bis Februar anhielt. Im Februar fiel viel Schnee und Regen so daß vielfach Hochwasser eintrat.

Durch Erlaß des Herrn Oberpräsidenten wurde mit Wirkung vom 1./4. 1937 ab, nachdem die Stadt Borgentreich in das Amt Borgholz eingeamtet ist, bestimmmt, daß das Amt Borgholz die Bezeichnung

Amt Borgentreich

erhält.

Gleichzeitig erhielt das Amt Borgentreich durch Erlaß des Herrn Oberpräsidenten der Provinz Westfalen vom 18.5.1938 das Recht ein Wappen zu führen. In dem Erlaß heißt es: Auf Grund des  § 12 des Amtsordnung v. 13.7.1935 verleihe ich dem Amt Borgentreich, Kreis Warburg, das Recht das angeheftete Wappen zuführen. Das Wappen zeigt einen in rot u. gold gespaltenen Wappenschild, in dessen Schildfuß, mit verkehrten Tinkturen wiedergegeben, auf einem Dreiberg eine turmgekrönte Bergruine sich erhebt, während im rechten Obereck sich das Wappen der Stadt Borgentreich, im linken Obereck das Wappen der Stadt Borgholz befindet.

 

Aus zwei Amtswappen entsteht ein gemeinsames Wappen.
Aus zwei Amtswappen entsteht ein gemeinsames Wappen.

Die Maifeier wurde in diesem Jahre infolge des lange anhaltenden nassen Wetters während der Frühjahrsbestellung etwas eingeschränkt u. an diesem Tage die Verrichtung von Feldarbeiten gestattet. Der Sommer war bis in Herbst hinein sehr trocken, so daß in manchen Orten Wassermangel eintrat. Am 7. Mai 1937 ist das deutsche Luftschiff "Hindenburg" in Amerika aus unbekannten Ursachen beim Landen verbrannt.

Am 15,/6. wurde mit dem Bau einer Badeanstalt auf dem Masch begonnen. Das Schwimmbecken wurde noch bis Herbst fertig.

Der Vollziehungsbeamte Karl Haverkamp ist am 19. Juli in der Badeanstalt in Körbecke infolge Herzschlag ertrunken. Der Verstorbene war beim diesjährigen Schützenfest "Schützenkönig" .

Die Ernte war sehr gut, besonders Weizen u. Hafer.

Auch der Obstverkauf an den Straßen war in diesem Jahre sehr gut u. brachte insgesamt 3.500 RM ein.

Der Gesundheitszustand der Bevölkerung war sehr gut.

Der Personenstand nach der Personenstandsaufnahme betrug:    1.711 .

                     Die Zahl der Geburten         betrug 33

                        "     "      "   Heiraten                "    17

                        "     "      "   Sterbefälle            "      9

                                                     

Der Bürgermeister

I. A.

Becker

Stadtsekretär

1938

Das Jahr 1938 war von gewaltiger politischer Bedeutung. Die Deutschen Brüder in der Ostmark u. im Sudetenland sind Ende September durch den Führer Adolf Hitler auf friedlichem Wege in das Großdeutsche Reich heimgekehrt .

Ferner wurde infolge der politischen Lage die Befestigung der Westgrenze durch den Führer befohlen. Auch aus unserer Stadt haben eine Anzahl junger Arbeiter mehrere Monate lang am Westwall gearbeitet.

Durch diese Maßnahme sowie durch einen starken Umbau von Bahnstrecken u. Anlage von Reichsautostraßen war zeitweise ein Mangel an Arbeitskräften besonders in der Landwirtschaft fühlbar.

Das Wetter war abnorm. Die Ernte sehr gut, so daß die städt. Turnhalle zur Kornlagerung seitens der Reichsgetreidestelle in Anspruch genommen werden mußte. Obst u. Gemüse war wenig geerntet. Die Kartoffernte sehr gut.

Am 14.8.1938 schlug der Blitz in das Anwesen des Bauern Jos. Kleisath, Risch 7 ein. Das ganze Gebäude wurde durch Feuer zerstört. An diesem Tage u. am folgenden Tage ging ein wolkenbruchartiger Regen mit etwas Hagel nieder. Es wurde hier z.B. bei der Windmühle auf 1 qm  72 Ltr. Wasser gemessen.

Die im Vorjahr begonnene Bau einer Schwimmbadeanstalt auf dem Masch wurde weiterausgebaut. Insbesondere wurden noch eine Reihe Umkleidezellen sowie 1 Raum für den Bademeister u. 2 Räume für die Schulkinder erichtet. Die Schwimmanstalt wurde dann bei Eintritt des Sommers, besonders von der Jugend, sehr stark besucht. Eine Anzahl Jugendlicher konnte bereits nach kurzer Zeit als Freischwimmer erklärt werden. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 16.000 RM.

Im Herbst wurde sodann noch mit der Anlage eines Kriegerehrenmals auf dem Lehmberge begonnen. Die Arbeiten wurden durch die Bauunternehmer Cloidt & Rengel hier noch bis Eintritt des Winters teilweise fertiggestellt. Die Steine für das Mauerwerk wurden aus dem städt. Bruche entnommen. Die Fertigstellung des Ehrenmals soll bis Juli 1939 beendet sein.

Im Spät-Herbst trat unter dem Rindviehbestande der Stadt die Maul- u. Klauenseuche auf. die Seuche hat manche Opfer unter den Viehbeständen gefordert u. dauerte bis in den Frühjahr 1939 hinaus.

Die Einwohnerzahl der Stadt betrug nach der Personenstandsaufnahme

                                         1.715

Darunter waren Kath.       1.669

                          evgl.             34

                         Juden            12

 

Die Zahl der Haushaltg. betrug 312

 

Beim Standesamt wurden beurkundet:

                  Geburten       34

                   Sterbefälle    20

                   Heiraten       11

 

Der Gesundheitszustand der Bevölkerung war gut.

 

Der Bürgermeister

I. A.       

Becker

Stadtsekretär.

1939

Das Jahr 1939 brachte eine gute Ernte. Getreide u. Kartoffeln sowie Obst waren sehr gut. Die Witterung war im ganzen normal. Gegen Ende September trat eine lang anhsltende Regenperiode ein.

Das Wirtschaftsleben in der Landwirtschaft, in Handwerk u. Gewerbe ist infolge der Festpreise auf allen Gebieten als sehr gut zu bezeichnen.

Die Einnahmen aus Obstverkauf an den Straßen betrugen 2.478,-- RM

Die bisher in eigener Regie der Stadt betriebene Weide am Hedeberg u. am Metzberg wurde an kleine Landwirte verpachtet.

Am 17. Februar entstand in dem Wohngebäude des Landwirts u. Schreiners Fritz Riepe auf dem Risch ein Brand, wodurch das ganze Anwesen zerstört wurde. Die Entstehungsursache blieb ungeklärt.

Am 22.8. schlug der Blitz in das Wohnhaus der Ww. Ant. Arendes, auf dem Altengraben ein. Das Gebäude brannte vollständig nieder.

Am 15. Juli fand eine für die ganze Gemeinde erhebende Feier der Einweihung des Kriegerehrenmals auf dem Lehmberge statt. Die gesamte Bevölkerung hat sich an der Feier beteiligt. Die Anlagen des Ehrenmals werden besonders an Sonn- u. Feiertagen gern besucht, um der gefallenen Söhne der Gemeinde zu gedenken.

Um die Anlage u. Ausschmückung des Ehrenmals hat sich der Bürgermeister Woker besonders verdient gemacht. Die Bevölkerung Borgentreich sowie spätere Generationen werden ihm dies nie vergessen.

Am 1. September begann der seit langem drohende Krieg mit Polen, der bereits nach 18

Tagen mit der vollständigen Niederwerfung des polnischen Staates endete. Auch die übrigen Bundesgen. England u. Frankreich erklärten Deutschland den Krieg.

Am 7. September u. weiter zogen durch die Stadt anhaltend große Truppen-Formationen

zur Front.

Am 6. November bezog die III. Abt. Artillerie-Regts. 114 hier mit 125 Mann u. 105 Pferden Quartier und blieb bis zum 12. Mai 1940.

Durch Schreiben vom 12. Mai 1940 sprach der Kommandeur Friedel der Bevölkerung für die wohlwollende Aufnahme u. Gastfreundschaft seinen Dank aus.

Am 15./10. wurde hier im Saale Dohmann ein Gefangenenlager eingerichtet in dem 18 polnische Gefangene untergebracht wurden, um in landw. Betrieben zu arbeiten.

Die im Winter 1939/40 weitergeführten Sammlungen hatten ein gutes

Ergebnis.

Es kamen auf:

              Plaketten-Sammlung           =    699,40  RM

              Opfersonntag                       =    929,20   "

              Sonstige Spenden (Pfdsp.)  =    303,60   "

              Kleidersammlung                 =      35,10   "

              Schlachtspenden                 =      576,--   " 

              Tag der nat. Solidarität         =     394,35  "

              Tag der dtsch. Polizei           =     841,65  "

              Opferbuch-Spenden             =     675, --  "

              Bauernspende                      =  4.267,70 "  

              Sonstige Spenden                =     905,45 "

     

Die Zahl der zum Kriegsdienst einberufenen Volksgenossen betrug Ende des Jahres ca. 85  -   90. Auch unser Bürgermeister Woker u. 5 Beamte der Verwaltung zogen aus um für Volk u. Führer zu kämpfen.

Die Einwohnerzahl betrug am 10./10.39 1.698 Personen.

 

Der Bürgermeister

I. A.       

Becker

Amtsinspektor

1940

Der Anfang des Jahres brachte viel Schnee u. Kälte. Es wurde 25 - 30 Grad Kälte gemessen.

Fast alle Verkehrsstraßen waren infolge der starken Schneewehen nicht passierbar. Es wurden deshalb auf Grund des Reichsleistungsgesetzes alle Männer von 15  -  50 Jahren zum Schneeschüppen aufgefordert.

Auch die hier einquartierte Wehrmacht beteiligte sich hierbei.

Erst Ende Februar wurde die Witterung milder.

Infolge der Transportschwierigkeiten trat vielfach Kohlenmangel ein, der jedoch nach Eintritt milden Wetters bald behoben war.

Durch den starken Winter hat das Wintergetreide Roggen u. Weizen sehr gelitten. Es mußte stellenweise Roggen u. Weizen umgeackert werden.

Am meisten gelitten haben die Obstbäume. Allein an den Straßen sind 1.053 Obstbäume erfroren, sodaß es kein Obst gab.

Die Ernte in Getreide u. Kartoffeln war mittelmäßig bis gut.

Der Kartoffel-Suchdienst gegen den Kartoffelkäfer wurde weiter durchgeführt .

Am 10. Mai trat unsere Wehrmacht im Westen zur Offensive an u. marschierte über Belgien u. Holland sowie Luxemburg in Frankreich ein. Bereits am 14. Mai hat Holland kapituliert u. am 14,6, erfolgte der Einzug unserer tapferen Truppen in Paris.

Am 25. Juni wurde der von Frankreich angebotene Waffenstillstand zwischen Deutschland u. Frankreich unterzeichnet.

Bei den Kämpfen in Frankreich sind 2 Söhne unserer Sta den Heldentod gestroben.

Es ist dies der

                     Bauingeneur Joseph Soethe u.

                     der Alois Rasche Natzungerstraße.

 

Der Krieg gegen England wurde weiter geführt u. zwar zunächst hauptsächlich durch Luftwaffe u. U.-Boote.

Im August begann England nachts mit Flugzeugen in Deutschland einzufliegen, um Brand- u. Sprengbomben abzuwerfen. Unsere Stadt wurde zum Glück nicht davon getroffen.

Die Bürger wurden angehalten, bei Eintritt der Dunkelheit ihre Fenster zu verdunkeln sowie Luftschutzräume einzurichten. Infolge Einberufung weiterer Männer zum Wehrdienst trat in der Ernte vielfach Arbeitermangel ein.

Ende des Jahres waren etwa 220 Männer einberufen.

Die Lebensmittel-Versorgung vollzog sich reibungslos.

Preissteigerungen traten nicht ein .

Die freiwilligen Spenden für das Rote Kreuz u. das W.H.W. stiegen infolge der Opferfreudigkeit der Bevölkerung weiter an.

Die Haltung der Bevölkerung ist auf allen Gebieten als vorbildlich zu bezeichnen.

 

Der Bürgermeister

Becker

Amtsinspektor

1941

Der Winter 1940/41 war gegen das Vorjahr als normal zu bezeichnen. Die Frühjahrsmonate waren bis Ende Mai außergewöhnlich kalt und rauh, so daß in der Frühjahrsbestellung eine erhebliche Verzögerung eintrat. Der Saatenstand war bis auf Weizen gut. Letzterer mußte viel umgeackert werden .

In den Monaten Juni u. Juli war es sehr heiß u. trocken. Anfang August trat Regenwetter ein, so daß die Ernte sich verzögerte.

Die Körnerernte war mittelmäßig bis gut. Am 13. Juli schlug der Blitz in die Feldscheune der Ww. Joh. Ernst Speckestr. 9. Die Scheune brannte total nieder. Ein Dreschplatz u. Erntegeräte wurden zerstört.

Am 24.8. wurde Scheune u. Stallung des Bauern Rich. Dohmann, Emerketorstr. 10, durch Feuer, verursacht durch spielende Kinder, zerstört.

Hier vernichtete das Feuer Roggen v. 16 Morgen

                                           Gerste   v.   7       "

                                           Fourage v. 12      "

u. verschiedene Ackergeräte.

Am 1. Juni trat die Lehrerin E. Hagemann nach 28jähriger Dienstzeit wegen Krankheit in den Ruhestand. Als Nachfolgerin wurde die Lehrerin Rohde berufen.

Am 1. September wurde durch Erlaß des Reichs-Erziehungs-Ministers v. 24.6.41 die Umwandlung der Rektoratschule in eine öffentliche Mittelschule genehmigt. Träger der Mittelschule ist ein Zweckverband im Amtsbezirk Borgentreich dem alle Gemeinden, mit Ausnahme von Daseburg, angehören .

Am 22./6. trat Unsere Wehrmacht den Kampf gegen den Bolschewismus an, der Europa mit Invasion bedrohte indem die russischen Heere bereits an unserer Grenze aufmarschiert waren.

Die Bolschewisten wurden in großen Kesselschlachten überall geschlagen u. hatten ungeheure Verluste an Menschen u. Material.

Aus unserer Gemeinde fielen im Osten 4 junge Soldaten u. zwar:

            Franz Rose Marktstr. 13

            Franz Bartoldus Mauerstr. 7

            Johan Conze Speckestr. 5

            Jos. Dürdoth Rischstr. 9

            Albert Cloidt Hohlstr. 1 wurde als vermißt gemeldet.

Die Gemeinde gedenkt dieser Gefallenen in stolzer Trauer.

Der Stand der Hackfrüchte war gut. Leider trat bereits im November starker Frost ein, wodurch teilweise Kartoffeln u. Rüben sehr gelitten haben. Auch verzögerte sich durch den frühen Einbruch des Winters die Herbstbestellung u. mußte durch starken Schneefall ganz eingestellt werden. Die Stimmung unter der Bevölkerung war weiterhin gut u. zeigte sich besonders bei den Sammlungen, die weiterhin sehr gute Erträge brachten.

 

Der Bürgermeister

I. A.

Becker

Amtsinspektor

1942

Der Januar begann mit Schnee und starkem Frost. Infolge der starken Schneefälle traten im Straßenverkehr erhebliche Störungen ein. Alle Straßen mußten von Schnee geräumt werden. An den Straßenrändern lag der Schnee teilweise 1 - 2 m hoch.

Hasen und Kaninchen konnten daher die jungen Bäume bis zu den Kronen benagen wodurch viele Bäume eingingen. Am 18. 3. trat endlich Tauwetter verbunden mit Hochwasser ein.

Ende März traten Nachtfröste mit Ostwind ein. Der trockene Ostwind war noch bis Mai vorherrschend.

Hierdurch u. durch den kalten Winter ist die Wintersaat, Roggen, Weizen & Gerste, ausgewintert. Große Flächen mußten umgeackert werden.

Es trat daher vielfach ein Mangel an Saathafer ein u. mußte auf Sommergerste zurückgegriffen werden.

Auch Klee ist vollständig ausgewintert. Wiesen brachten ebenfalls an Heu z. Teil geringe Erträge.

Der Juli brachte dann viel Regen u. wenig Sonnen Brände. Am 26. Juni schlug der Blitz in die Feldscheune des Anton Ernst an der Bühnerstraße. Scheune Und Ackergeräte verbrannten vollständig.

Anfang August traten wolkenbruchartige Regenfälle auf. Am 8./8. wurde das Wetter gut u. war bis in den Herbst hinein sehr schön u. sonnig. Die Körnerernte war sehr gut. Hafer brachte außergewöhnliche hohe Erträge u. konnte infolge des guten Erntewetters ohne Regen eingebracht werden. Kartoffeln lieferten sehr gute Erträge u. konnten noch im Herbst erhebliche Mengen versandt werden. .

Die Ablieferung der Kartoffeln verlief reibungslos.

Die Herbstbestellung konnte rechtzeitig erfolgen.

Alle Arbeiten sind mit Kriegsgefangenen u. Ostarbeitern reibungslos erledigt .

Am 10./8. war für uns eine teilweise Sonnenfinsternis sichtbar 17,27 -  19 Uhr. Die Sonne war bis zu 1/3 bedeckt.

1943

Die bisher milde Witterung wurde im Januar durch eine kurze aber harte Frostperiode mit Schneefall abgelöst die bis zur Mitte des Januar dauerte . - Die Frühjahrsbestellung setzte wegen des fortgesetzten milden und meist trockenen Wetters frühzeitig ein. Im Monat März war der Hafer ganz gesät. Auch der Sommer brachte viel gutes Wetter und eine ebensolche Erntezeit. Die Körnerernte stand über dem Durchschnitt, desgleichen die der Ölfrüchte. Die Kartoffelernte war leider schwach, was sich für die Kriegsernährung nachteilig auswirkte. Auch die Herbstwitterung war warm und zumeist trocken, sodaß nicht nur die Herbstbestellung frühzeitig beendet, sondern auch das Felgen des Ackers durchweg bis Weihnachten beendet war. Bis zum Jahresschluß war kein Frost oder Schneefall zu verzeichnen .

Am 1. Oktober 1943 wurden in Borgentreich 2.021 Einwohner gezählt.

An Geburten                     wurden                 21

an Sterbefälle                         "                      26

und an Eheschließungen        "                       9

registiert.

Aus den luftgefährdeten Gebieten, vorwiegend aus Essen, halten sich 444 Evakuierte in Borgentreich auf.

Am Ende des Jahres 1943 waren aus Borgentreich 232 Mann zur Wehrmacht eingezogen.

Im Jahre 1943 blieben auf dem Felde der Ehre 13 Soldaten aus Borgentreich.

 

 

Unter Hinzurechnung der in den Jahren 1939, 1940, 1941 und 1942 vor dem Feinde gebliebenen beträgt die Zahl der Gefallenen in Borgentreich nunmehr 27.

Die Anzahl der ausländischen Arbeiter in Borgentreich, einschließlich der 52 Serben des Kriegsgefangenenlagers im alten Herbold'schen Hause an der Mühlenstraße, beläuft sich Ende 1943 auf 142.

In der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober 1943 wurde die Stadt Kassel von Hunderten von englischen Terrorfliegern heftig angegriffen; Kassel wurde fast ganz zerstört. Von Borgentreich aus konnten die Vorgänge am südöstlichen nächtlichen Himmel gut beobachtet werden. Die Detonationen der feindlichen Bomben und der Flakbeschuß der eigenen Abwehrkräfte waren in Borgentreich deutlich zu hören. In der Bevölkerung hier herrschte große Unruhe und Furcht. In den Luftkämpfen wurden 43 feindliche Bomber von deutschen Nachtjägern und der Flakartillerie abgeschossen, von denen 2 unmittelbar bei der Nachbargemeinde Bühne abstürzten.

Der Verrat des italienischen Verbündeten erregte in der Bevölkerung Borgentreichs heftigen Unwillen. Die Zuversicht an dem Deutschen Endsieg erlitt aber keine Einbuße.

Das Kriegsjahr 1943 war schwer. Die Rückschläge an der Ostfront wurden als Prüfungen gewertet, die das gesamte Volk in seiner Härte noch entschlossener und opferfreudiger machten.

Das Bild des Ortsdieners mit der Schelle wurde der alten Chronik vermutlich nachträglich zugefügt.
Das Bild des Ortsdieners mit der Schelle wurde der alten Chronik vermutlich nachträglich zugefügt.

1944

war das Jahr schwerster Terror Gewaltangriffe der englisch-amerikanischen Luftflotte. Tag und Nacht überflogen Hunderte ja Tausende von Flugzeugen unsere Stadt und das Stadtgebiet, um die Kriegsindustrie in den großen Städten, besonders in unserm Industriegebiet zwischen Düsseldorf und Hamm zu treffen. In Scharen flüchteten die Städter auf das Land oder wurden behördlicherseits dahin gesandt, evakuiert. Gern bot auch Borgentrech zahlreichen Flüchtlingen Schutz und Lebensmöglichkeiten, zumal viele ihrer Verwandten und Bekannten darunter waren. Tiefflieger zerstörten Straßen, Bahnen Brücken und ängstigten den Landmann auf dem Felde. - Mit banger Sorge gedachten Einwohner ihrer Söhne in der Front. Immer mehr Todesmeldungen liefen ein. Immer neue Jahrgänge wurden an die Front berufen. Gefangene Serben und Polen aus unseren Gefangenenlager füllten die Arbeitsplätze aus.

Am 6. Mai 1944 nachts 12 Uhr landeten englische und amerikanische Truppen bei Caen an der Nordwestküste Frankreichs (Invasion) . Unsere Truppen, auch viele Borgentreicher, hatten einen schweren Stand, schlugen sich tapfer.

Im Osten drängte der Russe unsere Truppen mehr und mehr zurück. Doch hatte man noch nicht ganz den Glauben an eine Wendung des Schicksals verloren.

Unentwegt tat das Volk seine Pflicht in Haus u. Stall, in Garten, Wiese und Feld, in Arbeit wie im Geben.

Auch in diesem Jahre trat massenhaft der Kartoffelkäfer in Gärten und Feldern auf. An der Bekämpfung beteiligte sich vor allem die Schuljugend. Als Suchkolonnen zogen die Klassen unter Führung ihrer Lehrpersonen hinaus, um die Schädlinge von Kartoffeln und Tomaten samt ihren gefräßigen Larven abzulesen. Der Käfer hat den Kartoffeln keinen nennenswerten Schaden getan. Dagegen hat der Rapskäfer ganze Ölfelder vernichtet .

Die Witterung des Jahres 1944 war ohne Abnormitäten, insbesondere frei von Hagel und schweren Gewittern. Dank des Fleißes der Arbeitsleute und begünstigt von schönem Erntewetter konnten alle Früchte gut geborgen werden. Trotz des Mangels an Kunstdünger gab die Ernte reichen Ertrag.

Damit war die Ernährung für 1 Jahr gesichert. Auch der Viehbestand hielt sich auf normaler Höhe. Das Getreide wurde bald gedroschen und der Ernährung zugeführt .

Im November 1944 erlebten wir den ersten Großangriff auf Paderborn. Im Winter 1944 hatte unsere Volksschule 351 Kinder. Diese sammelten den ganzen Sommer Tee- und Heilkräuter zum Nutzen der kranken und verwundten Soldaten. Der Unterricht mußte bei Luftgefahr häufig unterbrochen werden.

In Ehrfurcht und Dankbarkeit gedenken wir am Schluß des Jahres unserer lieben Brüder, die im Kampf für Ihre Heimat ihr Leben geopfert haben.

Es sind:

1944 waren 32 Soldaten amtlich vermißt gemeldet. Von diesen sind 6 gefallen lt. amtl. Nachricht und bis heute 30.1.1947 - 10 heimgekehrt. Etwa 75 unserer Gefangenen harren noch ihrer Rückkehr. Die in englischer, amerik. und französischer Gefangenschaft sind, stehen zumeist mit ihren Angehörigen in brieflichem Verkehr, nicht jene in russischer Gefangenschaft.

Bevölkerungsstatistik 31.12 .1944:

Gesamtbevölkerung:           Auszg aus dem Standesamt Borgentr.

Evakuierte:                          Geburten :   24

Katholiken:                           Trauungen:   3

Evangelische Chr.                Sterbefälle : 24

Ausländer:

Schulkinder:            351.

E. Falke.

Nachtrag:
  • Tod durch das Fallbeil wegen Schwarzschlachtens. Dieses Schicksal ereilt einen Landwirt aus Borgentreich im Jahr 1944. Nicht angemeldete Schlachtungen gelten seit 1939 als schwerwiegender Verstoß gegen die Kriegswirtschafts- und Volksschädlingsverordnung. Sie werden mit Zuchthaus oder Gefängnis bestraft, in besonders schweren Fällen kann die Todesstrafe verhängt werden.

    Über den Fall des 55-jährigen Borgentreichers Josef H. findet sich in der Originalchronik kein Wort. Erst 2023 wird Stadtarchivar Klaus Jürgens nach einem Hinweis des Historikers Prof. Rudolf Muhs auf den Fall aufmerksam und recherchiert in alten Unterlagen. In den standesamtlichen Verzeichnissen stößt er auf den Eintrag „25.8.1944 in Dortmund hingerichtet“. Weitere Recherchen ergeben, dass der Witwer wegen „Abtreiberei“ vorbestraft ist.  Möglicherweise fällt das sogenannte Sondergericht in Bielefeld deshalb ein derart hartes Urteil. Über die genauen Tatumstände ist nichts bekannt. In der Liste der „Hingerichteten Personen bis 1945“ ist Josef H. auch nicht verzeichnet. Die in Bielefeld mitangeklagten Tochter von Josef H. sowie eine weitere Frau aus Borgentreich kommen mit Gefängnisstrafen davon. 

  • (In der Onlinechronik nachgetragen am 8. Januar 2023 von Hubertus Hartmann)

1945

Dieses Jahr war das schicksalsschwerste seit Menschengedenken. Die Kämpfe im Westen wie im Osten nahmen an Ausmaß wie an Heftigkeit immer mehr zu. Das englisch-amerikanische Heer drang durch Frankreich, Belgien, Holland, Luxemburg, durch die Vogesen in die Rheinprovinz, überrannte den Westwall und stand im März 1945 in Westfalen.

Im Osten schob der Russe unaufhaltsam seine Truppen durch Rumänien, Ungarn, durch die Karpathen, die Tschechei über Krakau nach Schlesien vor, (Südabschnitt) , durch Polen und Posen nach Brandenburg und Berlin vor, (Mittelabschnitt) im Nordabschnitt auf Ost- u. Westpreußen und Pommern zu. Bei einer Kälte von 16  -   20° unter Null mußten die armen Schlesier in Frist v. 1 - 2 Stunden am 16. Jan. fluchtartig ihre Heimat verlassen, die Heimat, die sie sich mit Fleiß und Schweiß inlangen Jahren erobert hatten. Auch viele Siedler aus Borgentreich waren darunter. In langen Zügen mit Pferd und Wagen und geringer Habe füllten diese "Trecks" die Landstraßen und überquerten unter größten Schwierigkeiten die Brücken. In Dresden gerieten sie in eine furchtbaren Bombenangriff der Westmächte. Unsägliches hatten die armen Vertriebenen unterwegs durch Frost, Schnee und Schneetreiben, durch Hunger und Blöße zu leiden. Unzählige gingen in den eisigen Tod. Die Überlebenden fanden im Sudetengau u. später nach der Ausweisung durch Tschechen u. Russen bei uns in Borgtr. gastliche Aufnahme, besonders jene, die hier gebürtig waren.

Hand in Hand mit diesem Unglück in Ost und West gingen die furchtbarsten Fliegerangriffe auf noch unverletzte Städte. Diesen fielen auch die lang verschonten Städte Hildesheim und Paderborn zum Opfer. Paderb. hatte seine schlimmsten Terrorangriffe am 17. Jan. , 16. Febr., 16., 22. und 27. März 1945. Die ganze Innenstadt mit Tausenden von Toten lag in Trümmern. Bgtr. hat das tragische Schicksal Paderborns in einer Entfernung von 50 km schweren Herzens miterlebt.

Nie waren die Tiefflieger so an ihrer Arbeit wie in den ersten 3 Monaten von 1945. Sie schonten nicht Brücke noch Weg, nicht Straße noch Bahnen noch Bahngeleise. Auch unsere Strecke Warburg  -  Scherfede   -  Holzminden wurde arg mitgenommen, u. mancher diensttreue Bahnbeamte hat bei diesen Angriffen sein Leben lassen müssen. Auch der große und kleine Viadukt (Talbrücke bei Altenbeken wurde zertrümmert). Nun war Deutschld. reif für den Einmarsch der Feinde.

War Ende März der Amerikaner vor Korbach u. Arolsen, am 31. März nahm er Warburg ein. Man war auf alles gefaßt. Man schaffte alle möglichen Sachen in die Keller. Die Nacht verlief ruhig.

Am 1. April, dem ersten Ostertage, nach der Auferstehungsfeier fielen die üblichen Warnungsschüsse der Amerikaner. Diese wurden von den hier zerstreuten deutschen Soldaten erwidert. Damit war das Schicksal Borgtrs. entschieden. Ein mörderisches Phosphorfeuer lag 2 Std. lang auf unserer lieben Heimatstadt. Wie ein Hagelwetter prasselten Artillerie u. Maschinengewehr-Geschosse in die Straßen und Gassen, in Mauern und Wände, Türen und Fenster. Die Bürger in ihrer Angst krochen in die Keller und beteten. Bald trieb der Rauch die Leute aus den Kellern.

In 10 Minuten standen die Häuser lichterloh in Flammen, weil der Phosphor über den ganzen Balken aussprühte u. all zu rasch Boden, Bühnen, Zimmer oben u. unten samt Keller ergriff. Wegen des Beschusses konnte sich niemand auf die Straße wagen, um zu helfen. Wohl glückte es vielen Leuten noch, ihr Vieh loszubinden und gehen zu heißen. Das irrte herrenlos heulend und brüllend in bitterkalten Nächten in der Wildnis umher. Andern war die Befreiung der Tiere nicht mehr möglich, da ihr Haus rings v. Feuer umgeben war. So mußten 500 Stück Großvieh (Pferde, Kühe, Schafe, Schweine) ersticken, bzw. leider verbrennen und 9/10 des Geflügels. Ein Wirrwarr sondergleichen wälzte sich durch die Straßen, Aufregung und Erbitterung. Als das Maß des Unglücks voll war, ging in der Oberstadt ein deutscher Mann mit einem polnischen Offizier zum Amerik. am Lehmberge, ein andrer p. Offizier zur Truppe am Maschberge und baten um Schonung für die Stadt. Sie wurde gewährt und sogleich das Feuer eingestellt. Manche Häuser waren noch vom aufsteigenden Winde entzündet, manche von der Hitze des Nachbarhauses, Keller fingen noch nach 1 - 2 Tg. Feuer. Bis in die Nacht hinein brannte das Feuer noch lichterloh; auch auf den Feldern Scheunen u. Diemen in großer Zahl, mit Korn und Stroh gefüllt .

Ganz oder zum größten Teile waren dem Brande zum Opfer gefallen. Die Mühlenstr., die Winkelstr., der Steinweg, die Specke, die Bogen-, die Hügel- und Kirchstr., die Hagenstr., die Lehmtorstr., die Rischstr. im Süden und in der Oberstadt eine Anzahl einzelner Häuser.

Zum Glück waren nur 2 Menschenleben zu beklagen, der 12jährige Schüler

Joseph Dürdoth  -  Hagenstr. und die 23jähr. Margret Bartoldus Steffens, Mauerstr. 2 Civilpersonen waren verletzt, Heinrich Evers Mühlenstr. Oberschenkel und Lehrerin Falke durch Granatsplitter einer dt. Granate an 3 Fingern der rechten Hand.

An deutschen Soldaten blieben 5 Soldaten auf dem Kampfplatze, davon 4 in 2 Doppelgräbern auf unserm Friedhof ruhen. Auch die Amerik. hatten einige Verluste.

Das obdachlose Volk irrte in den Straßen umher und suchte sich ein Unterkommen für die Nacht. Auch mußten wiederholt Wohnungen für das amerikanische Militär geräumt werden.

Am 4. 4. 45 entspann sich ein heftiger Luftkampf zwischen deutschen und amerik. Fliegern, der mit dem Absturz eines amer. . Fliegers endete. Ende der Osterwoche traf der Nachschub der Amerikaner ein. Eine unübersehbare Masse von Militär mit Gewehren, Maschinengewehren, Panzern, Autos, Lastwagen, Schiffskanonen und Festungsgeschützen, Flammenwerfern, Küchen und Sanitätswagen. Es wurde uns klar: Gegen solch eine Macht des Materials konnte Deutschland im 6. Kriegsjahre nicht mehr an.

Die ganze Osterwoche stand Tag für Tag im hellen Kampf. Die tapfern deutschen Soldaten machten die größten Anstrengungen, Borgtr. zurückzuerobern. Eine Granat nach der andern sandten sie Tag für Tag in Borgtr. hinein, die noch allerlei beschädigten. Die letzte fiel am Samstag nach Ostern in dichte Nähe der Kirche, zertrümmerte Fenster rief arge Panik hervor und schlug einem Pferde im Stalle die Schlagader durch. (Joseph Arendes) Nachdem auch die letzten Deutschen Soldaten in der Rotenbreite entwaffnet waren fanden keine Kampfhandlungen mehr statt.

Amerik. Truppen hielten Bgtr. besetzt, bis sie im Juni von den Engländern abgelöst wurden. Von allem, was das Volk erlebt hatte, war es so aufgebracht, daß es sich tätlich an einem Beamten des Amtes vergriff, der durch Schuß eines Amerik. getötet wurde. Zwei gefallene deutsche Soldaten Book und Beoker, die in den Kluswäldern gefallen sind, liegen zu Seiten des Kluskreuzes vor der Kapelle begraben.

Etwa 2 Std. hatte der Beschuß v. Borgtr. gedauert. Was in dieser Zeit vernichtet wurde, möge folgende Tabelle zeigen:                   I. Gebäude;

Total zerstörte Wohnhäuser   113            teilw. .      6

                        Pferdeställe      48                          12

                        Kuhställe          78                          18

                        Schweinst.       79                           25

                        Scheunen        20                             1

                        Schuppen        59                             -

Von Bomben ist Borgtr. verschont geblieben. Am 2. Febr. 1945 fiel eine nahe der Dürdothschen Scheune morgens 4 Uhr gegenüber der Molkerei und beschädigte die Scheune stark, Nachbargebäude schwächer. 23. Januar 1941 morgens 1/2 6 gingen einige 3 Bomben im Rode (Raue- ) auf dem Acker des Joh. Gabriel nieder u. warfen wohl 3 m tiefe u. breite Trichter in der starrgefrorenen Erde aus. Auch an den Obern Höhen, im Scholgen, bei der Oberen Artill. Mühle u. in der Mönchenbreite nahe dem Körbecker Wege gingen vereinzelte Bomben nieder, ohne Schaden anzurichten.

Nach dem Brande kehrten allmählig Ruhe und Stetigkeit in unsere Verhältnisse zurück. Die Leute überlegten und berieten ihren Wiederaufbau. Nun kam eine Zeit schwerer Arbeit u. Sorge. Frühjahrsbestellung der Gärten und Felder; Abräumen auf den Brandstätten, Abfahren des Schuttes, Ordnen Ausschachten, Ausbessern und Bauen, sowie Anfahren des Baumaterials drängten sich in aller Hast. Letzteres war schwer zu erhalten. Meist durch Tausch von Stadt zu Land, zwischen Lebensmitteln und Baumaterialen konnte man diese letzteren in seinen Besitz bringen, Der Sommer war viel trocken und sonnig, warm bis Weihnachten. Das kam der Feld- wie der Bauarbeit zu statten. Stallungen, für die man zuerst sorgen mußte, waren bis dahin z. Teil fertig. Selbst einige Wohnungen konnten bezogen werden.

In den Sommer- und Herbstmonaten setzte ein starkes Sterben aller Kranken, alten, schwächlichen Leute ein, es starben 1945 einschl. der gef. Soldaten 53, drei- bis viermal soviel als in normalen Jahren.

Zur selben Zeit zeigten unsere Straßen ein buntes Bild von Flüchtlingen, Evakuierten und Vertriebenen. Einzeln, Familienweise oder in Gruppen, barfuß oder in verschlissenen Schuhen und Kleidern, mit Kinderwagen oder mit Pferd und Wagen zogen sie ihrer alten Heimat zu.

Die Saaten hatten 1945 viele Schwierigkeiten zu überstehen. Die Nachtfröste im Mai hatten die jungen Pflanzen vernichtet. Über manche Felder waren Kriegswagen hinüber gegangen, Munition in ungeheuren Mengen bedeckte manche Äcker. Im Frühjahr fehlte das verbrannte Saatkorn, fehlten Saatkartoffeln, fehlte jeglicher Kunstdünger. Die Gefangenen hatten uns z. Teil verlassen. So kam es, daß die Ernte nicht gut war.                 

In tiefer Dankbarkeit nennen wir nun die Namen unserer im Jahre 1945

gefall. Brüder

1946

Der Winter 1946 war linde. Ende März hielt voller Frühling seinen Einzug. Schnell bestellte man April und Mai die Gärten und Felder, damit der Anschluß an die vorjährige Ernte erreicht würde. Den ganzen Sommer hindurch beglückte uns ein Wetter, das geradzu nach Wunsch und Willen war.

Da war neben den Feldarbeiten ein fleißiges Schaffen auf den Bauplätzen. Männer, Jungen, Frauen, Mädchen und Kinder, alles mußte helfen. Mitte Dezember waren die meisten Stallungen und viele Wohnungen unter Dach und konnten bezogen werden.

vom 23.  -  28. Okt. herrschte starker Frost, der Runkeln und Kartoffeln arg zusetzte. Doch löste das nachfolgende linde Regenwetter das Eis auf.

In der Bittwoche fanden nach althergebrachter Sitte die Bittgänge durch unsere Felder statt, um Gottes Segen auf die Saaten herabzuflehen. Die Beteiligung war gut. - Auch die Wallfahrten nach Dalhausen und zur Klus Eddessen sahen reiche Beteiligung, je - geschätzt  5.000 Menschen.

Am 8. Dez. wurden nach Anordnung des Hochwürdigsten Herrn Erzbischofs

Lorenz Jäger eigens Betstunden gehalten, um gutes Gelingen für die Friedensverhandlungen mit Deutschland zu erflehen, desgl. am 16. 12. Die Jugendpflege für die schulentlassenen Jungen und Mädchen liegt in der Hand des Herrn Vikars Esser. Am 8.12., Maria Empfängnis, wurden 31 Mädchen in die Kongregation aufgenommen. Jungfrauen und Sportverein erfreuten uns mit theatralischen Darbietungen. Die Sportler sind sehr rege.

Am 8.12.1946 war in Bgtr. von 5 - 7 Uhr eine totale Mondfinsternis deutlich sichtbar. Die Erde steht dann zwischen Sonne und Mond, schiebt sich immer mehr vor den Mond und nimmt ihm das Licht, das auch er von der Sonne bekommt, nach und nach weg. Anfangs Halbschatten. Steht die Erde genau in wagerechter Linie zwischen Sonne und Mond, so ist der Mond ganz dunkel. Ganz- oder Kernschatten. In derselben Weise, wie die Erde vor den Mond aufgezogen ist, zieht sie auch wieder ab u. gibt dem Mond nach u. nach das Sonnenlicht wieder frei. Bei wolkenlosem Himmel waren die Vorgänge haarscharf zu beobachten.

Nach dem Einmarsch der Siegermächte wurde das deutsche Volk entwaffnet. Das reizte unmoralische Menschen zu Freveltaten. Fußgänger, Radfahrer, autos, Fuhrwerke überfallen wurden sebst bei hellen Tage und oft bis auf die Haut ausgeplündert. Am liebsten waren den Plünderern Gold- u. Silbersachen, Uhren, Ringe u. Fahrräder. Unter den nächtlichen Räubereien hatten besonders die eizelnliegenden Gehöfte zu leiden, denen sie selbst das Vieh abschlachteten oder von der Weide wegführten. Bei einem solchen Überfall am 9. März 1946 nachts 12 Uhr auf der Ziegelei Hermann Stamm am Lohfelder Wege blieb der jüngste Sohn des Hauses Franz Stamm, der aus Schlesien vertrieben war und in seinem Elternhause Zuflucht gefunden hatte, erschossen im Schnee liegen. Keiner von den gemeldeten Fällen ist aufgeklärt und bestraft. Das Stehlen in u. außerhalb der Häuserhält auch heute noch an. (3.2.47.)

Ein orkanartiger Wirbelsturm im Febr. 1946 entwurzelte in den Gärten, Straßen und Wäldern zahlreiche Bäume, die Bau- und Brennholz abgaben. Er drückte an den aufgebauten Häusern einige Wände ein und hob an den im Bau befindlichen Häusern, deren Westgiebel nicht sturmfest war,

Hunderte von neuen Ziegeln, an einem Hause das ganze Dach ab. Turm der Rest des abgebrannten Brüningschen Hauses - Ww. Lorenz Conze am Steinweg stürzte zusammen.

Am 13. Dez. setzte eine neue Kältewelle ein, die alles Bauen lahmlegte. Es waren in Bgtr. 15 - 20 und 25 unter Null. Leichter Schnee deckte die Saaten. Am 23./24 Dez. nahm diese Källewelle ihr Ende.

Am 4. Jan. 1947 begann die Kältewelle u. dauerte bis zum 5. Febr. -  Schnee harter Frost, eisige Nord- , Ost- u. Nordostwinde, 13, 17 bis 20° unter Null setzten uns arg zu.

Das Jahr 1946 hat noch ein Kriegsopfer in Bgtr. zu verzeichnen, den Gefangenen Ewald Aufenanger.

Nach 2jähriger amerik. Gefangenschaft kam er über die Gefangenen-Läger Kitzingen und Plattlingen in Deutsch]. am 22.7.1946 todkrank zu Hause an. Im Krankenhause zu Warburg starb er schon am 28.7.46 nach ärztl. Aussage an totaler Blutvergiftung infolge giftiger Geschwüre.  -   Unsere Liebe folgte ihm ins Grab.

Die Bevölkerung Borgtrs. zeigte am 31.12.1946 folgendes Bild:

Karl Engel, Amtsbürgermeister von 1946 bis 1956
Karl Engel, Amtsbürgermeister von 1946 bis 1956

Der Viehbestand wurde auf 9/10 seines früheren Bestandes erhöht. - Der Kartoffelk. hat kaum geschadet, desto mehr der Rapskäfer.  

Nach der Besetzung Deutschlands durch die Sieger bekam Deutschl. die demokratische Verfassung wie nach dem I. Weltkriege 1914-18. Die höchste Instanz ist die Militär Regierung in allen vier Zonen, der britischen, der russischen, der amerikanischen und der französischen Zone. Alle öffentlichen Aktivitäten des Volkes in den zugemessenen Grenzen bedürfen der Prüfung und Genehmigung durch die Militärbehörden je in sr. Zone. - Das Volk erlangte in der Demokratie viele Rechte und Freiheiten, aber auch schwere Pflichten. Vor allem wurde das allgemeine und geheime Wahlrecht eingeführt. Jeder ehrenhafte Bürger, jede Bürgerin von 21 Jahren ab wählt durch seinen Stimmzettel seine Abgeordneten in die Amtsvertretung, den Kreistag und den Landtag. Diese beraten und beschließen die Gesetze im Namen und Auftrage des Volkes. Die Militärbehörde prüft und genehmigt sie. So ist das Wohl und Wehe des Volkes in seine eigene Hand gelegt, und dem Volke erwächst hieraus die große Sorge und die schwere Verantwortung für sein eigenes Schicksal.

1947

Auch der Nachwinter 1947 brachte eine lange bittere Kälte von 15, 20, 25 und mehr Grad. Vier Kältewellen sind damit 1946/47 über Deutschl.gegangen, die umso fühlbarer waren, weil es an Holz und Kohlen fehlte. Die Gesundheit hielt sich, aber im Frühjahr brachen viele Leute an Herzschwäche u. ä. zusammen. Die Saaten waren auch bei den im März einsetzenden Nachtfrösten gut geblieben.  -  Stunden- und tagelang war in diesen Winter der Strom abgestellt, was die Arbeiten ungemein hemmte. -   Bei der Schneeschmelze v. 3. März an gab es neue Gefahren. Diemel, Nette, Weser, Ruhr, Elbe, Oder mit ihren Nebenflüssen führten Schneemassen und Treibeis, überschwemmten Städte u. Dörfer, verwüsteten Äcker und Gärten, schwemmten Vieh u. Habe weg u. machten die Schiffahrt unmöglich. Nun fehlten erst recht Kohlen, Kartoffeln, Mehl und Brot infolge der Transportschwierigkeiten nach den Städten. Zahlreiche Brücken waren beschädigt. Selbst unsere Maschbrücke wurde durch die aus der Rotenbreite u. dem Nachbargelände kommenden Fluten samt der neuen Decke halb weggerissen. Doch waren in den wasserbedrohten Gebieten rechtzeitig Hilfsorganisationen durch den Rundfunk alarmiert und zahlreiche Rettungsmannschaften nach dort entsandt.

Am 2,2,1947 fand die auf dem Kreistage beschlossene Sammlung zu Gunsten der Abgebrannten des Kreises statt. In Borgtr. ergab die Sammlung 19.000 M.

Am 21.2. feierte der Stadtarbeiter Anton Hillebrand mit seiner Frau Maria geb Hengst aus Bühne sein 25jähriges Ehejubiläum.

Am 22.2. feierte der Bauer Wilh. Geilhorn-Markt mit Frau Magdalena, geb. Evers seine Silberhochzeit, seine Tochter ihre Verlobung mit Hermann Stamm Ziegelei.

An demselben Tage sah man ein zweites Silberpaar, den Bäcker Heinrich Wiegand u. Mathilde, geb Höxtermann-Risch.

Am 1.4.1947 feierte unser Hochwst. Herr Erzbischof Lorenz Jäger v. Paderborn sein Silbernes Priester-Jubiläum. Auch unsere Gegend sandte ihm ein Glückwunschschreiben .

Am 10.3. begannen in Moskau die Friedensverhandl. Über Deutschl. Dtschl . selbst ist davon ausgeschlossen, spricht aber seine Gedanken dazu im Rundfunk aus.

Im April ist auf den Bauplätzen wieder reges Leben. Es gilt, die Wirtschaftsgebäude fertig zu stellen u. angemessene Wohnungen zu bauen.

Die Stadt hat mehrere Bauplätze in und außerhalb der Stadt den Bauwilligen zur Verfügung gestellt im Kauf oder Tausch, besonders an der Eißer- und Natzungerstr. zwecks Auflockerung der Stadt.

Die Wahlen zum Landtag am 20. April 47 zeigen folgendes Bild für

Borgentreich :

Wahlberechtigte           1170

Aktive Wähler               72,4 %

 

Zentrum                       425 Stimmen

CDU                             249

FDP                                71

SPD                                48

KPD                                  7

geschrieben

von EI. Falke

Lehrerin i. R.